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EIDG. INSTITUT FUER REAKTORFORSCHUNG Beilage zu
Wirenlingen AW-GL-355
Konégollblatt fir externe Publikationen und Vortrége
Name des Autors: C. McCombie, U, Schmocker, W. Seifritz
Abteilung: PHYSIK
Wir beantragen:
- Publikation in folgender Fachzeitschrift:*
. BIFcBericht# Schwelizerische Technische Zeitschriit
WU iy e TS TN SR G Nk
- Teilnahme mit Vortrag an folgender Tagung / Konferenz*
B AT A SG0 ERE SR B 2T S N
(Titel der Konferenz, Datum, Ort, Organisator)
Die Tagung hat offiziellen / inoffiziellen Charakter*
Ein Tagungsbericht wird gedruckt / nicht gedruckt*
Unser Beitrag hat folgenden Titel:
Thorium im schinellen Briiter
Anzahl der bestellten Sonderdrucke (bei EIR-Bericht Auflage): 400
Dem EIR entstehen dadurch Kosten in der H&he von Fr.:
Lot g 7901"
Der Verfasser bestétigt, dass die Arbeit keine vertraulichen Angaben enthdlt.
Weitere Bemerkungen:
Ler beiliegende Artikel wurde von der Redaktion der ST2
nach Absprache mit U. Schmocker leicht gekilrzt.
Datum: Unterschrift des Verfassers:
12. September 1978
Unterschrift des Abt./Rxodektleiters:
Y
Bemerkungen der Stabsstelle Forschung:
e
* Nicht Zutreffendes streichen J
Thorium im Schnellen Briiter
Physikalische Untersuchungen zu neuen Brennstoffzyklen am EIR
-
von
C. Mc Combie, U. Schmocker, W. Seifritz
e ]
Anschrift:
Physikabteilung des Eidg. Institut filir Reaktorforschung (Leiter:
PD Dr. W. Seifritz) CH-5303 Wiirenlingen.
Zusammenfassung
Im Zusammenhang mit der neuen Nuklearpolitik der US-Administra-
tion ist das Interesse an Brennstoffzyklen, die gegeniliber der
Proliferation von Spaltmaterial technisch resistenter als der
gegenwdrtige Uran/Plutoniumzyklus sind, stark gestiegen. In
der Physikabteilung des Eidg. Instituts filir Reaktorforschung
(EIR), Wirenlingen, beschidftigt man sich intensiv mit diesem Pro-
blem. Gegenwlrtig wird mit Hilfe des Forschungsreaktors PROTEUS
das neutronen-physikalische Verhalten von Thorium in einem
schnellen Reaktorgitter untersucht, um die technischen Grund-
daten fir das Erbriliten von U-233 in schnellen Reaktoren und
dessen Einsatz in sog. "denaturierten" Brennstoffzyklen zu Uber-
priifen. Im folgenden Artikel wird diese weltweit diskutierte
M6glichkeit ndher untersucht.
1. Uran als Energiequelle
In der Natur gibt es nur ein einziges Isotop,mit demder Brenn-
stoffzyklus eines Reaktorsystems gestartet werden kann - U235.
Dieses ist aber nur zu 0,71% in Natururan enthalten, das haupt-
sichlich aus dem Isotop U238 besteht. Heute werden Natururan-
vorkommen abgebaut, die gewinnungskosten bis etwa 30$/1Db U308
(1 1b = 454 g) verursachen. Fiir diesen Kostenbereich werden die
Reserven der westlichen Welt auf rund 3.7 Mio. t gesch8tzt, die
bei Nutzung in heutigen Leichtwasserreaktoren (LWR) einen Energile-
inhalt von rund 100 Mia. t Steinkohle darstellen. Leichtwasser-
reaktoren heutiger Bauart nlitzen aber nur etwa 1% des Natururans
zur Energiegewinnung aus; sie stellen daher eine Energilereserve
dar, die grdssenordnungsmidssig nur jener der Erddl- und Erdgas-
vorrite entspricht. Daran erkennt man, dass die heutigen LWR keine
langfristige LOsung des Energieproblems darstellen. Genauso wie
die Oelvorkommen wlirden auch die Uranreserven in der ersten
Hilfte des ndchsten Jahrhunderts erschdpft sein.
Die Kohlevorrite k&nnten unseren Energiebedarf zwar filr
wesentliche Zeit decken, doch sind die dabeil auffallenden
Umweltsbelastungen sehr gross. Kohle muss trotzdem in néch-
ster Zeit ein wichtiger Triger unserer Energieversorgung
bleiben, aber wir brauchen flir die Zukunft saubere und
langfristig ertragreiche Energilesysteme.
Neben dem spaltbaren U235-Isotop stellt uns die Natur aber auch
sogenanntes Brutmaterial, namentlich U238 und Th232, in grosser
Menge zur Verfiigung. Dieses Brutmaterial 1l&sst sich durch Neu-
troneneinfang in spaltbaren Kernbrennstoff umwandeln. (Abb. 1)
In einem LWR werden pro 100 gespaltenen U235-Kerne etwa 60 U238-
Kerne ein Neutron einfangen und sich in Pu239 umwandeln. 70% die-
ses Plutoniums wird widhrend des Reaktorbetriebs wieder gespalten,
die restlichen 30% k&nnen fiir spidtere Benlitzung in anderen Reak-
toren verwendet werden. Rund 30% der produzierten Leistung wer-
den in LWR durch die Plutoniumspaltung erzeugt!
Brutmaterial li4sst sich aber durch Neutroneneinfang auch direkt
spalten. Dazu werden allerdings schnelle Neutronen mit einer
Energie von rd. 1 MeV (Mega-Elektronenvolt) bendtigt. In einem
sogenannten thermischen Reaktor, zu denen auch die Leichtwasser-
reaktoren gehdren besitzen wenige Neutronen diese Energie, die
meisten haben Energien, die nur einem Bruchteil eines eV ent-
sprechen. Von 100 in U238-Kerne eingefangenen Neutronen haben
etwa 5 genligend Energie, um den Kern zu spalten.
Eine Mdglichkeit, Brutmaterial besser auszuniitzen, ist deren Ein-
satz in Schnellen Brutreaktoren (SBR) . Sowohl die Konversion
in spaltbares Material als auch die Ausnlitzung der direkten
Spaltung durch schnelle Neutronen sind viel glinstiger als im LWR.
Ein schneller Reaktor besitzt im Gegensatz zum LWR keinen Mode-
rator, um die Neutronen abzubremsen. Die mittlere Energie der
Neutronen in einem SBR betridgt deshalb einige 100 keV. Als Spalt-
material wird bei heutigen SBR-Kongepten vorwiegend Plutonium
eingesetzt. Pro 100 gespaltene Plutoniumkerne werden in einem
SBR rund 110 bis 120 (und mehr) U238-Kerne durch Neutronenein-
fang in Plutonium verwandelt - das Konversionsverhidltnis (CR)
ist grdsser als 1, Plutonium wird "erbriitet". Ein SBR erzeugt
nicht nur Energie, er produziert auch Spaltmaterial filir weitere
Reaktoren. Nach rund 10 bis 30 Betriebsjahren (abhéngig vom
speziellen Reaktortyp) ist genligend Brennstoff produziert um
einen weiteren Reaktor zu betreiben. Man nennt dies die Verdop-
pelungszelt des Reaktors. SBR nlitzen im Idealfall das Natururan
vollstédndig aus. In der Praxis ist eine Ausnilitzung zwischen 50
bis 70 % zu erwarten, eine rund 60 mal bessere Verwertung des
Urans gegeniiber heutigen LWR. Bei diesem glinstigen Ausnutzungs-
grad des Urans in SBR wird es zudem interessant, auch urandrmere
Erze mit hoheren Urangewinnungskosten abzubauen. Fir den Kosten-
bereich bis zu 250%/1b U 08 werden die Reserven auf etwa 100 Mio.
5
t geschétzt. Darauf basierte unter anderem auch die vor einigen
Jahren bekannt gewordene Idee, . Uran und
Thorium aus dem Granit der S¢hweizer Alpen flir ein Brutreaktor-
system zu gewinnen.
Um einen SBR zu betreiben, wird zu Beginn ein Plutoniuminventar
von einigen Tonnen bendtigt, das aber bereits in den heutigen LWR
produziert wird.
Trotz dieser - langfristigen Vorzlige stdsst die Ein-
fihrung von Schnellen Brutreaktoren heute auf Widerstand. Gesell-
schaftspolitische Konsequenzen- einer sogenannten Plutoniumwirt-
schaft, ungeniigende Sicherheitsmassnahmen und die Gefahr des Plu-
toniummissbrauches sind die Hauptargumente der Opposition. Be-
sonders die Abzweigung von Plutonium aus dem friedlichen Bereich
der Kernenergienutzung zur,Herstellung von nuklearen Waffen, die
Frage der sogenannten Proliferation, ist durch die amerikanische
Nuklearpolitik sehr aktuell geworden. In den letzten Jahren sind
deshalb Anstrengungen unternommen worden, Nuklearkonzepte zu ent-
wickeln, die den Missbrauch von Spaltstoff erschweren wenn nicht gar
amw verunmdglichen sollen. '
Wir mdchten hier aber feststéllen, dass die Verwendung von
Plutonium zur Kernwaffenproduktion aus unserern elektrizitdts-
erzeugenden Leistungsreaktoren sehr kompliziert und aufwen-
dig widre. Um an geeignetes Spaltmaterial heranzukommen, gibt
es eine ganze Reihe einfacherer und vor allem billligere
Methoden, als die Benutzung von Spaltstoffen aus Kernkraft-
werken. So haben beispielsweise alle heutigen Atomwaffenstaaten
das Spaltmaterial fiir ihre Kernwaffen ohne den Umweg Uber die
friedliche Nutzuné der Kernenergie produziert. Die Produktion
einer Kernwaffe ist keineswegs von der Existenz von Kernkraft-
werken abhingig und wir sind der Meinung, dass das Proliefe-
rationsproblem eher durch politische Uebereinkiinfte zwischen
gleichberechtigten Staaten in den Griff zu bekommen ist, als
durch einseitige Ge- und Verbote. Trotzdem ist es sinnvoll,
bei einer weltweiten Einfilhrung der Kernenergie, Konzepte und
Techniken zu studieren, die das Risiko eines Brennstoffmiss-
brauches von der technischen Seite her auf ein Minimum be-
schrinkt.
2. Warum Thorium?
Im Zusammenhang mit den Bedenken einer reinen Plutoniumwirt-
schaft finden Brennstoffzyklen, die kein oder nur wenig Plutonium
benlitzen und produzieren, vermehrtes Interesse. Eine M&glich-
keit ist dabei die Verwendung von Thorium als Brutmaterial anstelle
von U238.
Th23%2, das 1in der Natur in etwa der gleichen Menge vorhanden ist
wie Uran, 1l&sst sich durch Neutroneneinfang in spaltbares U233 um-
wandeln, ein Isotop mit &hnlichen Eigenschaften wie U235 und
Pu239. In einem thermischen Reaktor hat U233 sogar bessere neu-
tronenphysikalische Eigenschaften als U235 und Pu239. Aus diesem
Grunde ist der Thoriumzyklus in einer Reihe von Lindern ndher unter-
sucht worden. (z.B. Kanada, Indien, BRD und USA). Dariiber hinaus
bietet die Anwendung des Th232-U23%-Brennstoffzyklus in thermi-
schen Reaktoren die Mdglichkeit die Uranreserven langfristig
Zzu strecken.
Die Ausnlitzung des Energiepotentials beider Brennstoffzyklen, des
Pu23%9-U238 und des U233-Th 232-Zyklus, in thermischen Reaktoren
ist aber gering verglichen mit den MOglichkeiten, die ein Schnel-
ler Brutreaktor (SBR) liefert. Allein der Energieinhalt der Uran-
vorréte, ausgenlitzt in Schnellen Reaktoren auf der Basis des Plu-
toniumzyklus, wilirde den Energiebedarf der Erde flir mehrere Jahr-
hunderte decken. Diese Tatsache erlibrigte ldngere Zeit ndhere
Untersuchungen zum Einsatz alternativer Brennstoffe im SBR.
Im Zusammenhang mit dem oben erwdhnten Problem der Proliferation
ist das Interesse am Einsatz von Thorium in Schnellen Brutreak-
toren stark gestiegen. Beim Plutoniumzyklus enthalten die Brenn-
elemente eine Mischung von Plutonium- und Uranoxyd. Theoretisch
kdnnte im Falle des Missbrauchs, Plutonium chemisch abgetrennt
und flir Kernwaffen abgezweigt werden. Benlitzt man hingegen den
U233-Th-23%32-Zyklus, kdnnte man das U233 so stark mit U238 ver-
schneiden, dass diese Uranmischung nicht mehr direkt als Waffen-
material benlitzbar ist. Aus diesem Brennstoff liesse sich das als
Bombenmaterial interessante U233-Isotop nur noch durch Isotopen-
trennung separieren. Durch die Benilitzung von Thorium im Reaktor
wird zudem eine gewisse Menge an U232 aufgebaut, Beim Zerfall
dieses lIsotops bilden sich radioaktive Zwischenkerne (Pb 212,
Bi 212, T1 208), deren starke Strahlung einen natiirlichen
Schutz gegen den Missbrauch des Brennstoffs bildet. Die Se-
paration von U233 aus diesem Brennstoff wdre nur noch mit
grésserem technischen Aufwand m6glich, was einen Missbrauch
ganzbetridchtlich erschweren wilirde. Andererseits wiirde aber
auch fir den Brennstoffhersteller die Produktion von Brenn-
elementen fiUr Kernkraftwerke entsprechend kompliziert.
Die physikalischen Eigenschaften des Thoriumzyklus in thermischen
und schnellen Reaktorsystemensollen in den beiden folgenden Ab-
schnitten untersucht werden, wobei nochmals auf die heute disku-
tierten Probleme der Proliferation n#iher eingegangen wird.
3, Thorium im thermischen Reaktor
In heutigen LWR 1l8sst sich bei Verwendung von U238-Brutstoff Plu-
tonium produzieren, beim Einsatz von Thorium wird U233 als neues
spaltbares Material erzeugt. Benlitzt man Thorium als Brutmaterial,
ist allerdings eine grdssere U235-Brennstoffmenge im Reaktor not-
wendig. Daflir gewinnt man als Spaltmaterial U233, ein flir ther-
mische Reaktoren ausgezeichnet verwendbarer Brennstoff. Flir jedes
in einem U233-Isotop eingefangenes Neutron werden durchschnitt-
lich 2.28 Neutronen freigesetzt. Fir Pu239 und U235 betrigt dieser
sogenannte n-Wert 2.11 respektive 2.07. Dieser scheinbar kleine
Unterschied in den n-Werten ist aber filir die Neutronenbilanz in
einem Reaktor &dusserst wichtig. Direkte Konsequenzen des hdheren
n-Wertes von U233 gegenliber Pu239 und U235 sind beispielsweise
eine kleinere Menge an Spaltmaterial im Reaktor und ein glinstige-
res Konversionsverhidltnis (CR). Dieser Wert ist allerdings stark
vom Aufbau des Reaktorkerns abhingig, insbesondere vom Verhiltnis
zwischen Spalt- und Brutmaterial. Als Beispiel sind in der fol-
genden Tabelle CR-Werte fiir einen 587 MW(e) Druckwasserreaktor zu-
sammengestellt, wobel verschiedene Kombinationen von Spalt- und
Brutmaterialen untersucht wurden. Die Beispiele wurden mit oxy-
dischen Brennstoffen gerechnet.
Spalt- Brut- Konversions- Tabelle 1
material verhdltnis
U 235 - U238 0.61 Vergleich von Konver-
Pu239 - U238 0.72 sionsverhiltnissen flir
Pu239 - Th232+ 0.69 einen 587 MW(e) Druckwasser-
U 233 - THZ24572 0.753
reaktor (a. ORNL/TM-5565)
+ Benlitzt man Thoriummetall, steigt der CR-Wert auf 0.79.
Gegenitlber einem LWR besitzen Schwerwasserreaktoren (HWR) und
Hochtemperaturreaktoren (HTR) eine glinstigere Neutronenbilanz.
In schwerem Wasser (D20) und Graphit (Moderator im HTR) werden
bedeutend weniger Neutronen absorbiert als im normalen Wasser
(HZO). Somit stehen in einem HWR oder HTR mehr Neutronen zur
Spaltung und Konversion zur Verfligung, was sich positiv auf das
Konversionsverh8ltnis auswirkt. Bei optimaler Reaktorauslegung
und verh&#ltnismidssig kurzer Bestrahlungszeit ist es in einem HWR
sogar mbglich, mit U233-Th232~-Brennstoff einen Konversionswert
knapp lber eins zu erreichen. Auch einen Hochtemperaturreaktor
kann man als "Nahebriiter" auslegen, so dass er mit U233-Th232
Brennstoff ein Konversionsverhiltnis von 0.9-0.95 erreichen kann.
Wann solche thermischen Hochkonverter wirtschaftlich arbeiten
hédngt von der Entwicklung der Brennstoffzykluskosten ab. Sicher
ist aber, dass der Einsatz von Thorium in thermischen Reaktoren
die Uranvorréite strecken kann.
- 10 =~
4, Thorium im Schnellen Reaktor
Die Verwendung von U233 als Spalt- und Th232 als Brutmaterial in
einem SBR ist vom rein physikalisch-technischen Standpunkt aus
unglinstiger als der Einsatz von Pu239 und U238. In einem harten
Neutronenspektrum besitzt Pu239 einen hdheren n-Wert als U233.
Der Beitrag der direkten Spaltung von U238 ist im SBR zudem be-
deutend gr6sser als derjenige von Th232. Die U238-Spaltung trigt
in einem SBR rund 17% zur Energieproduktion bei, die Th232-Spal-
tung nur etwa 3%. Diese physikalischen Tatsachen bewirken einen
kleineren CR-Wert filir den U233-Th232-7Zyklus gegeniiber dem Pu239-
U238=-Zyklus. Flr beide Brennstoffsysteme sind aber in einem SBR
Konversionsraten >1 ohne grosse Schwierigkeiten mdglich.
Der Einsatz von Thorium in einem SBR bietet - nebst der Erschlies-
sung einer neuen Energiequelle - einiée Vorteile. Beli Anlagen
heutiger Konzeption mit Natrium als Kihlmittel (sogenannte Na-
triumbriiter) flihrt das Entfernen von Natrium aus dem Kilhlkreis-
lauf - der sogenannte "Voideffekt" - zu einem Anstieg der Reaktor-
reaktivitédt, d.h. der Neutronendichte und somit der Leistung, was
mit entsprechenden sicherheitstechnischen Gegenmassnahmen ver-
hindert werden muss. In einem mit Thorium geladenen SBR fiihrt
der "Voideffekt" vorteilhafterweise meist zu einer Reaktivi-
titsabnahme.
Das gegenliber dem Pu239-U23%8-Zyklus kleinere Konversionsverhdltnis
des U233-Th232-Zyklus kann teilweise durch Beniitzung von metalli-
schen anstelle des oxydischen Thoriums kompensiert werden. Thorium-
metall hat fir Metalle einen hohen Schmelzpunkt (1700°C) und
glinstige Bestrahlungseigenschaften. Die bessere thermische Leit-
f&higkeit des Metalls gegenliber dem Oxyd erlaubt einen Reaktor-
betrieb mit hdherer Leistungsdichte. Das hirtere Neutronenspektrum
und die grosse Thoriumdichte ergeben schliesslich eine Verbesserung
des Konversionsfaktors um rund 10% gegeniiber einem System mit
Thoriumoxyd. Im Gegensatz zu Thorium ldsst sich Uranmetall wegen
- 11 -
unginstigeren metallurgischen Eigenschaften nicht in einem Reaktor
einbauen.
Die vom neutronenphysikalischen Standpunkt wohl beste Anordnung
eines Schnellen Reaktors mit Thorium als Brutmaterial ist dessen
Einbau in einer sogenannten Brutzone (im sog. Blanket), die die
Zentrale, mit PuO2/UO gefiillte Brennstoffzone umschliesst. Da-
bei wird immer nur soiiel Plutonium erbriitet, als der Reaktor
selbst verbraucht, das heisst das Plutonium wirkt nur als eine
Art Katalysator, um U238 zu verbrauchen. Der im Ueberschuss er-
briitete Brennstoff ist U233, der in thermische Reaktoren zurlick-
geflihrt werden soll. Dies flihrt dann zu einer sogenannten "Sym-
biose" von schnellen und thermischen Reaktoren, wobei im Gleich-
gewicht ein SBR den Brennstoff filir mehrere thermische Reaktoren
liefern kdnnte und eine Energiequelle fiir die nichsten Jahrhun-
derte - bis wir vielleicht noch ein besseres Energiesystem ge-
funden haben - erschlossen wéire.
- 12 -
5. Massnahmen gegen die Proliferation von Spaltmaterial
Das heutige Interesse an Thorium, vor allem sein Einsatz in
Schnellen Reaktoren, ist vorwlegend im Zusammenhang mit Fragen
der Sicherheit des Brennstoffzyklus zu sehen.
Bekanntlich ist das Plutonium-Isotop 239 ein geeignetes Spalt-
material flr Kernwaffen. Plutonium wird immer aus U238 erbriitet
d.h. es wird in Jjedem Reaktor mit Uran vermischt sein. Da Plu-
tonium und Uran aber chemisch verschiedene Elemente sind, lassen
sie sich vor allem bel neuem Brennstoff mit relativ geringer
Radioaktivit&dt, leicht trennen. Benlitzt man hingegen Th232 als
Brutmaterial um U233-Spaltstoff zu erzeugen, liegen die Ver-
hdltnisse glinstiger. U233 kann ndmlich, wie wir bereits friiher
erwdhnten, mit dem U238-Isotop so stark verdiinnt werden, dass
die Mischung als Bombenmaterial nicht mehr geeignet ist. Eine
chemische Trennung dieser Uranmischung ist aber nicht mehr
méglich. Diese Idee, Spaltstoffe mit Brutmaterial so stark zu
vermischen, dass sie flir Waffenproduktion nicht mehr direkt miss-
braucht werden kdnnen, gab Anlass zu intensiven Untersuchungen
von sogenannten isotopisch verschnittenen oder "denaturierten
Brennstoffzyklen".
Am Oak Ridge National Laboratory (ORNL) sind umfangreiche Studien
zu diesem Problemkreis durchgefiihrt worden. Die Ergebnisse gzei-
gen, dass denaturierte Brennstoffzyklen die Proliferation er-
schweren. Dies muss aber mit einem in allgemeinen niedrigeren
Konversionsverhdltnis erkauft werden. Zudem muss beachtet werden
dass in jedem Fall eine kleinere Menge Plutonium erbriitet wird.
Dieses Plutonium ist allerdings nur in bescheidenen Mengen in
abgebrannten Brennelementen enthalten. Ein Missbrauch wire wegen
der starken radioaktiven Strahlung abgebrannter Stdbe &Husserst
schwierig.
_13_
Um vorteilhaftere Verh8ltnisse zu erzielen, ist die bereits er-
wihnte Symbiose zwischen SBR mit Thorium im Brutmantel und ther-
mischen Reaktoren, betrieben auf der Basis des denaturierten
Brennstoffzyklus, vorgeschlagen worden. Die Schnellen Brutreak-
toren miissten dabei in gesicherten, international kontrollier-
baren Zonen @%afeguarded areas") gebaut werden - den sogenannten
Energieparks . Alle Arbeiten, bei denen grdssere Mengen von Spalt-
material gehandhabt werden muss, sollen in diesen abgeschlossenen
Zonen durchgefiihrt werden. Ausserhalb dieser Energieparks werden
nur Reaktoren mit schwach bis mittel angereichtertem Brennstoff
betrieben. Die Wiederaufarbeitung und die Brennelementfertigung
erfolgt innerhalb der kontrollierten Zone. Das gewonnene Pluto-
nium wird wie bereits erwidhnt als Katalysator in SBR benilitzt, die
ebenfalls innerhalb der Parks betrieben werden und die den U233-
Brennstoff flir Reaktoren ausserhalb des Energieparks produzleren.
Dabei wiirde ein SBR genligen, um etwa vier externe Reaktoren mit
Brennstoff zu versorgen, wenn diese optimal ausgelegt sind. Inner-
halb dieser Parks wlirden auch die radioaktiven Abf&lle, die haupt-
sichlich bei der Wiederaufarbeitung anfallen, fiir die entglltige
Lagerung konditioniert und wenn méglich an Ort und Stelle entsortgt.
Hochaktive Abf&lle und hochangereicherter Brennstoff wirden nur
innerhalb dieser Energieparks gehandhabt, was eine m&gliche Gefdhr-
dung der Oeffentlichkeit durch Ueberlandtransporte stark reduziert.
Diese Idee der Energieparks erschwert nicht nur den Missbrauch von
Brennstoff erheblich, sie erlaubt auch eine optimale Ausniitzung
der vorhandenen Energiereserven. In Abb. 2 ist schematisch die
Tdee eines mdglichen Energieparks veranschaulicht.
Vom politischen Standpunkt aus ist dieser Vorschlag sicher vor-
erst nicht leicht durchfihrbar, obwohl es eine verniinftige und
sinnvolle Idee ist. Ob wir bereit sind, eine so starke interna-
tionale Zusammenarbeit und Kontrolle zu akzeptieren, ist nicht
leicht zu beantworten.
- 14 -
Andererseits haben aber bereits viele Nichtatomwaffenstaaten den
"Nichtverbreitungsvertrag" unterschrieben und die Wiener Agentur
IAEA kontrolliert bereits die Kernmaterialverwendung in Anlagen
von 101 Mitgliedstaaten des Atomsperrvertrags und dariiber hinaus
eifizelne Anlagen in nicht dem Abkommen angehOrenden Lindern auf
Grund bi- oder trilatraler Vertrige. Dariliberhinaus liegt es in
der Rationalitidt der Sache, dass die Schweiz mit einem Weltener-
gieverbrauchsanteil von nur 2-3 Promillen ihr Energieproblem nur
gemeinsam und durch einen internationalen Konsens 18sen kann. So
gesehen, stehen die Chancen filir internationale Energieparks mit
gemeinsam und sicher verwalteter Kernbrennstoffbank, mit gemein-
sam betriebener Wiederaufarbeitung und Endlagerung der Abf&dlle in
einer wirtschaftlich sinnvollen Grdsse, nicht schlecht.
_15_
6. Die Bedeutung nuklearer Daten fiir den Brennstoffzyklus
International werden zur Zelt grosse Anstrengungen unternommen
um alle noch hdngigen Fragen zum Thoriumbrennstoffzyklus abzu-
kldren. Auf Anregung Pridsident Carters wurde die INFCE (Inter-
national Nuclear Fuel Cycle Evaluation) gegriindet. Alle Studien
und Untersuchungen zu mbglichen Brennstoffzyklen werden der INFCE
zur Verfligung gestellt mit dem Ziel, verschiedene Vorschléige
schnell und objektiv miteinander zu vergleichen. Neue Brennstoff-
zyklen werden meistens mit dem heute bestbekannten, dem Pu239-
U238-Zyklus, verglichen, und zwar nicht nur vom physikalisch-
technischen Standpunkt aus, auch politische , 8kologische ,gesell-
schaftliche und sicherheitstechnische Punkte werden berlicksich-
tigt.
Un Brennstoffzyklen miteinander vergleichen zu k®nnen, sollten
alle wichtigen Entscheidungsgrtssen verschiedener Zyklen mit
dhnlicher Genauigkeit berechnet werden k&nnen. Diese Forderung
bedingt, dass die flr diese Studien notwendigen nuklearen Daten-
sdtze vergleichbare Zuverlissigkeit haben. Um diese Bedingung zu
erfiillen, ist es notwendig, nukleare Datensitze zu iliberpriifen.
Sogenannte integrale Experimente sind daflir eine wichtige Hilfe.
Dabei werden grundlegende Reaktorparameter experimentell ermittelt
und mit den berechneten Werten verglichen Die Reaktoranordnung muss
bei solchen Experimenten so einfach sein, dass Unterschiede zwi-
schen berechneten und gemessenen integralen Parametern haupt-
sdchlich durch die in der Rechnung benutzten Kerndaten verur-
sacht werden und Unsicherheiten auf Grund der Rechenmethoden klein
sind. Ein wichtiger integraler Parameter fiir den Pu23%9-U238-
Zyklus ist zum Beispiel das Verhiltnis zwischen Neutronenein-
fang in U238 und der Spaltung von Pu239. Will man fir einen SBR
den effektiven Neutronenmultiplikationsfaktor (keff) auf 1 % und
die Konversionsrate auf 3 % genau berechnen - diese Genauigkeiten
werden heute von Reaktorbetreibern erwlinscht -, muss dieser Wert
auf 1 % genau bekannt sein.
_16_
Fiir den Pu239-U238-Brennstoffzyklus sind bereits umfangreiche
Messungen durchgefihrt worden, um die Glte der nuklearen Para-
meter dieses Zyklus zu testen. Flir den U233-Th232-Zyklus, vor
allem filir dessen Einsatz in Schnellen Reaktoren, sind bis heute
relativ wenig integrale Experimente ausgefliihrt worden. Es sind
deshalb in der n&dchsten Zeit noch spezifische Untersuchungen
notwendig, um die nuklearen Daten des U233-Th232-Zyklus zu testen
und eventuell zu verbessern. Dies betrifft vor allem eine Ueber-
prifung der wichtigsten Wirkungsquerschnittsdaten. Dazu eignet
sich besonders die BeStimmung der entsprechenden Reaktions-
raten, die Uiber das Neutronenspektrum eines Reaktors gemittelten
Wirkungsquerschnitte. Die entscheidenden Grdssen fir den U233-
Th232-Zyklus sind Einfangs-, Spalt- und (n,2n)-Raten fiir Thorium
sowie Einfangs- und Spaltquerschnitte fir U233 und Protactinium
(Pa).
_17..
7. Ueberprifung der Thorium-Daten am Reaktor PROTEUS
Zu Beginn dieses Jahres wurde am PROTEUS-Reaktor, der von der
Physikabteilung des Eidg. Instituts fiir Reaktorforschung (EIR)
in Wirenlingen betrieben wird ein Messprogramm gestartet, das
einige wichtige Beitrdge zur Ueberpriifung der nuklearen Daten
des Thoriumzyklus liefern wird. Dieses Programm wurde in enger
Zusammenarbeit mit dem Oak Ridge National Laboratory in den USA
ausgearbeitet und ist ein Teil des sogenannten "Umbrella Agree-
ment", einem Forschungsprogramm der USA, Frankreichs, Deutsch-
land und der Schweiz liber gasgekiihlte Reaktoren. Die Ergebnisse
dieser Thoriumarbeiten werden auch der INFCE zur Verfligung ge-
stellt.
Diese Arbeiten bilden eine Fortsetzung von Studien zu nuklearen
Daten des Pu239/U238-Zyklus flir Schnelle Reaktoren, wie sie seit
1972 am PROTEUS-Reaktor durchgefiihrt werden. PROTEUS ist ein so-
genannter Nullleistungsreaktor, er produziert selbst keine Energile
und dient ausschliesslich Forschnungszwecken. In Bild 3 ist
die Reaktorkonfiguration dargestellt. Eine zentrale, selbst unter-
kritische schnelle Zone (5) wird mit einem ringfdrmigen thermischen
Treiber gekoppelt, um die Kritikalit&t des Reaktors zu erreichen.
Diese Anordnung erlaubt eine Reduktion des Spaltinventars um
ca. elnen Faktor 20 - 30 gegenliber demjenigen eines grossen -
Schnellen Brutreaktors. Die schnelle Reaktorzone besteht aus -
ca. 2000 Brennstoffstdben mit einer Pu02/UO2-Mischung, welche
wie in einem gasgekilhlten Schnellen Brutreaktor angeordnet sind.
Der thermische Treiber ist 1in eine D2O- und eine graphitmoderier-
te Zone unterteilt. Beide Zonen enthalten 5 % angereicherten -
U02-Brennstoff. Zwischen dem D2O—Treiber und der schnellen zen-
tralen Reaktorzone ist eine Pufferzone aus U-Metallstében einge-
bau, um die aus dem Treiber einfallenden thermischen Neutronen
einzufangen und sie in schnelle Spaltneutronen umzuwandeln. Da-
durch wird ein Teil der Leckverluste aus der schnellen Zone kom-
pensiert. Eine optimale Zoneneinteilung ermdglicht eine gute An-
ndherung des zentralen Netronenspektrums an dasjenige eines
gasgekiihlten schnellen Leistungsreaktors, ein entscheidendes
Kriterium, um relevante Experimente filir diesen Reaktortyp durch-
zuflhren.
Eine bewegliche zentrale Kolonne (6) kann aus dem Reaktorkern
ausgefahren und ausgewechselt werden. Den Experimenten entsprechend
wird sie mit Messdetektoren bestlickt und nachher wieder in die
schnellen Zone eingefahren.
Bel bisherigen Experimenten am PROTEUS wurden hé&tséchlich wich-
tige physikalische Parameter von Gittern gasgekiihlter Briiter unter-
sucht. Ein Vergleich der gemessenen mit berechneten Werten dient
im Falle einfacher Gitteranordnungen als wichtiger Test fiir die be-
nlitzten Datensitze, bei komplizierterem Gitteraufbau lassen sich
auch die verwendeten Rechenmethoden und =modelle {liberpriifen.
Sind die Vergleiche befriedigend, k&nnen Methoden und Daten beil
der Auslegung kiinftiger Leistungsreaktoren benlitzt werden, andern-
falls geben die Ergebnisse wichtige Hinweise auf Fehler in den
Berechnungsmethoden und Datensé&tzen.
_19_
8. Das PROTEUS~-Thoriumprogramm
Nach der bisherigen Planung werden in vier verschiedenen Gitter-
anordnungen Messungen zum Thoriumzyklus durchgefihrt.
Das Thorium steht in Form gesinterter Thoriumoxydkiligelchen von
rund 0.4 mm Durchmesser zur Verfiligung. 200 kg ThO, wurden in
Stahlhlillen von 335 mm Li&nge und 7 mm Durchmesser abgefiillt und
luftdicht verschlossen. Diese ThOZ—Zigarren lassen sich in die
liblichen Brennstoffstabhiillen des PROTEUS einbauen, womit die
grosse Flexibilitdt beim Aufbau der zentralen Testzone im Reak-
tor gewdhrt bleibt.
In der ersten Gitterkonfiguration wurde die zentrale schnelle Zone
des PROTEUS-Reaktors mit Pu02/UO2 geflillten St&ben beladen. Diese
Anordnung entspricht dem Standardaufbau der Brennstoffzone eines
gasgekiihlten Briiters. Im Zentrum dieser Zone wurden nun die
wichtigsten Reaktionsraten fir Thorium und U233 gemessen, nim-
lich Einfangs- , Spalt- und (n,2n)-Reaktion.
Diinne Folien aus Thorium und U233 wurden zwi-
schen einzelnen Brennstoffpellets montiert und bestrahlt, um dar-
nach mittels Gammaspektrometrie die Reaktionsraten zu bestimmen
(Bild 4). Mit diesen Messungen lassen sich die Thorium- und U233-
Wirkungsquerschnitte direkt Uberpriifen, da das Neutronenspektrum
im Reaktorzentrum nicht von den zu untersuchenden Wirkungsquer-
schnitten beeinflusst wird.
In einer zweiten Gitteranordnung wurde ein Drittel der Pu02/UO2—
Stdbe durch ThO2—Stébe ersetzt. Thoriumoxyd als Brutmaterial in
der zentralen Brennstoffzone bewirkt ein weicheres Neutronenspek-
trum und eine Reaktivitidtsabnahme dieser Zone gegeniiber einer
reinen PuOZ/UOE-Anordnung. Messungen der wichtigsten Reaktions-
raten in Uran und Thorium, die experimentelle Bestimmung des Neu-
tronenspektrums und der Reaktivitdtswerte wichtiger Materialien
im Zentrum des Gitters vervollstindigten das Messprogramm. In
diesem Gitter lassen sich nebst den eigentlichen Wirkungsquer-
schnittsdaten flir Thorium auch dessen Selbstabschirmungseffekt
Uberpriifen. Dieses Ph&nomen tritt immer auf, wenn grdssere Mengen
desselben Materials im Reaktor vorhanden sind,und fiihrt zu einer
Reduktion der Reaktionsraten Pro Thoriumatom.
In zwel weiteren Gitteranordnungen sollen Brutzonen, die nur
Thoriumoxyd enthalten, eingebaut werden. Geplant ist die Konstruk-
tion einer zentralen und einer axialen Zone aus ThOz. Diese Tren-
nung von spaltbarem Brennstoff und Brutmaterial erhdht die Kon-
versionsrate des Reaktors gegeniliber einer Anordnung mit homo-
gener Vermischung von Spalt- und Brutmaterial in der eigentlichen
Brennstoffzone. In diesen"heterogenen”Gitterkonfigurationen inte-
ressiert insbesondere der relative Verlauf der Reaktionsraten
innerhalb der ThOZ—Zongn und im Uebergangsgebiet zwischen Thorium
und PuO2/U02-BrennstoffZOne. In ausgedehnten pMegserien Werden
radiale und axiale Traversen der wichtigsten Uran- und Thorium-
reaktionen gemessen. Diese Ergebnisse dienen einerseits zur Ueber-
prifung der verwendeten Rechenmethoden und -modelle, andererseits
erlauben sie wichtige Rlckschlisse auf die Neutronen- und Lei-
stungsverteilung innerhalb der Brut- und Spaltzone zu ziehen.
Solche Daten werden zur optimalen Auslegung von Leistungsreaktoren
bendtigt.
Die Berechnungen, womit die experimentellen Ergebnisse verglichen
werden, erfolgen in mehreren Schritten (Abb. 5). Ausgehend von
den nuklearen Datenbibliotheken ENDF/B-4 werden in
mehreren Zwischenstufen Wirkungsquerschnitte flir Ganzreaktor-
rechnungen erzeugt. Erst diese Rechnungen liefern schliesslich die
- %] -
gesuchte Neutronenflussverteilung im Reaktor, womit dann Reak-
tionsraten, Neutronenspektren und Reaktivit&tswerte berechnet
werden konnen.
Aus den vorliegenden Resultaten ist ersichtlich, dass die be-
rechneten Einfangsraten in Thorium mit den gemessenen Werten
innerhalb des Messfehlers von 2% libereinstimmen. Dieses Ergeb-
nis ist bedeutungsvoll, da die Thoriumseinfangsrate wesentlich
die Konversionsrate des Reaktors beeinflusst. Die berechneten
Spaltraten in Thorium unterschitzen andererseits aber die ge-
messenen Grdssen um rund 10-15%. Da die Spaltung der Thorium-
kerne selbst in Schnellen Reaktoren die Neutronenbilanz nur un-
wesentlich beeinflusst, brauchen die Spaltraten nicht genauer
bekannt zu sein.
Detaillierte und vollstidndige Ergebnisse werden an internatio-
nalen Tagungen vorgetragen und interessierten Wissenschafter zur
Verfligung gestellt.
-
- 99 -
9. Schlussbemerkung
Mit den heute verfiligbaren nuklearen Thoriumdaten wurden in ver-
schiedenen Lindern Studien zum U233-Th232-Brennstoffzyklus durch-
geflihrt, die zeigten, dass dieser eine technisch und auch wirt-
schaftlich sinnvolle Erginzung oder vielleicht sogar eine Alter-
native zum Pu239-U238-Zyklus darstellen k&nnte. Bel Berilicksich-
tigung der Proliferationsgesichtspunkte bietet der Thoriumzyklus
vor allem bei Anwendung der denaturierten Variante, einige Vor-
teile gegeniliber dem Plutoniumzyklus. Um diese Vorzige und die
Wirtschaftlichkeit der Brennstoffzyklen zuverlissiger bestimmen
zu k&nnen, sind filir die wichtigsten Nuklide bessere nukleare
Daten notwendig. In diesem Zusammenhang sind die PROTEUS-Arbeiten
am EIR ein wichtiger und solidarischer Beitrag zu den weltweiten
Anstrengungen, nukleare Datens&tze flir den Thoriumzyklus zu Uber-
prifen und zu vervollstindigen.
Sind nach dieser ersten Phase zuverlissige nukleare Datensétze
vorhanden so sind noch weitere Entwicklungsarbeiten vor allem fir
die Wiederaufarbeitung thoriumhaltigen Brennstoffs notwendig, be-
vor der Thoriumzyklus kommerziell eingesetzt werden kann. Es
wurde geschdtzt, dass noch gut 15 Jahre lang Forschungs- und ent-
wicklungsarbeiten notwendig sind, um dieses Ziel zu erreichen.
Die weltweiten Anstrengungen auf dem Gebiet der Energieforschung
und speziell hier zum Problem des Thoriumzyklus zeigen aber
das grosse Interesse der meisten Linder, diese proliferationsre-
sistentere Option als sinnvolle Erginzung oder Alternative zum
Plutoniumzyklus offen zu halten. Abschliessend betonen wir aber
nochmals ausdriicklich, dass unseres Erachtens die LOsung des
Problems der Proliferation in allererster Linie eine politische
Aufgabe und erst in zweiter Linie eine technische Aufgabe dar-
stellt. Es widre wilnschenswert, wenn in Zukunft auf beiden Ebenen
diese Aspekte diskutiert wilirden und ein Konsens herbeigefiihrt
werden kénnte, der es dann erlaubt die Kernspaltenergienutzung
wirklich zu einer allgemein akzeptierten und weltweit tragenden
S8ule der Energieversorgung in einer nachfossilen Aera zu machen.
- 24 -
238 (n,y) 239 B 239 B 239
8] =220 U E?jEE'N §:g§a~Pu
Abb. 1: Umwandlung von Thorium und Uran in Spalt-
material
Uran
Nationale Reaktoren
Internationaler Energiepark . verteilt im Lande
. |
@ SBR 1 denaturierter :
U233/Th Thorex - U233/U238 U233/U238/Th Brennstoff l
- Wiederauf- > Brennstoff- N LWR
arbeitung - produktion
Pu/U
U/Pu /‘
J SWR
Purex - Abfall-
Wiederauf- verarbei- }
arbeitung - tung
4 4 a
HTR
Pu/U Y
Th-Blanket BPu/U—gxid " AJ
rennelement-|. <
C
Bren?element fabrikation abgebrannter SBR
Febrikation Brennstoff
|
Endlagerung I
radioaktiver : etc.
Abfélle
A &
Thorium Uran
Bild 2 : Schema eines Energieparks, das eine Reaktorpopulation mit denaturiertem U233/U238
Brennstoff ausserhalb des Parks ver- und entsorgt. Die in den Energiepark fliessen-
den Materialstrdme sind nur abgebrannte Brennelemente sowie Matururan und Thorium.
Zu beachtefiffst der Plutoniumfluss ein im Energiepark geschlossener Materialstrom
darstellt und so leichter einer internationalen Kontrolle unterstellt und von ihr
Uiberwacht werden kann.
b & - "u'."."-:
Graphitrefiektor
Graphittreiberzone
D,0-Treiberzone
Putferzone (U-Metall)
5 Schnelle Zone
S LU =
6 Testkolonne
7 Sicherheitsstab
8 Moderatortank
9 Auswechselbare Gitterplatte
Bild 3 : Aufbau des Reaktors PROTEUS
Bild 4 : Ausmessung bestrahlter Folien.
ENDF/B-4
Y
SUPERTOG J I MINX
Y
99 gr
Daten
CINX
BINX
Y
FGL5
-4
Gruppendaten fiir Ganzreaktorrechnungen
Bild 5
O
O
Bibliotheksdaten
Computerprogramme
PROTEUS-Rechenschema