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Gibt es ein Eozoon canadense? Erwiderung auf Dr. C. W. Gümbels und Dr. Carpenters Entgegnung von Otto Hahn in Reutlingen (Hiezu Taf. II.)

Ich habe in den W. naturwissenschaftlichen Jahresheften 1876, S. 132, eine Abhandlung über das Eozoon-Gestein veröffentlicht, in welcher ich auf Grund mineralogischer Thatsachen dessen von W. Logan, J. W. Dawson in Montreal, W. Carpenter in London und schliesslich auch von Max Schulte und Anderen behauptete organische Natur bestritt. Ich begründete meine Ansicht ausdrücklich mit mineralogischen Thatsachen.

Der Beweis organischer Natur ist von den genannten Gelehrten angetreten und nach ihrer Meinung erbracht worden. Die Stimmführer erklärten sich, und das sollte die Lücken und Schwächen des Beweises ergänzen, für die ersten Foraminiferen-Kenner und Mikroskopiker, setzten also ihre Autorität dem Beweise voran.

Aus der Zahl der Mineralogen haben Einige zugestimmt, nämlich Dr. C. W. Gümbel in München und Dr. Hochstetter in Wien; sehr entschieden entgegen getreten sind die Professoren King und Rowney in Dublin; als zweifelhaft hat die Sache gelassen unter Anderen Professor Dr. Zirkel in Leipzig; derselbe neigt sich übrigens aus schwerwiegenden Gründen eher zu den Gegnern der organischen Natur des Eozoongesteins; derer, welche einfach nachschreiben, brauche ich nicht zu erwähnen.

Gerade als ein gewisser Stillstand in dem Kampf um das Eozoon canadense eingetreten war, fasste ich die Sache aufs Neue an und überzeugte mich, dass das, was „Eozoon canadense“ genannt wurde, als Wesen nicht existirt habe, sondern immer eben nur Stein war. Das Resultat meiner Untersuchungen ist in der genannten Zeitschrift niedergelegt. Diese Abhandlung ist auch in England veröffentlicht worden.

Ich musste nun auf eine Entgegnung gefasst sein; aber freilich nicht auf eine solche, wie sie sowohl von Dr. Gümbel in dem Regensburger Correspondenzblatt 1876, als von Dr. William Carpenter in „The Annals and Magazine of natural history“ Nr. 102, S. 407 erfolgt ist.

Diese Entgegnungen nöthigen mich, die weiteren seitdem gefundenen Beweise für die entgegengesetzte Ansicht anzuführen.

Vor Allem nun habe ich bezüglich der Art der Beweisführung der Gegner auf's Neue Einiges zu bemerken.

Eine Autorität erkenne ich nicht an, sondern nur Beweise. Allerdings musste man eben in der Beweisführung, wo die Thatsachen nicht mehr ausreichen wollten, immer wieder (ich prophezeite richtig das Brennus-Schwert der Autorität) das Wort hören „die ersten Kenner der Foraminiferen haben sich für die organische Natur desselben entschieden“; dieser Glaubens-Eid ergänzt in der Wissenschaft den Beweis nicht. Er kann blos Solche, welche eben wissenschaftlich nicht prüfen, zu einem gewissen Glauben verführen, also blinde Anhänger gewinnen. Gerade in der vorliegenden Frage, welche von Anfang an zu Allem noch eine Parteisache war, konnte weder die Autorität der Führer, noch der Beifallssturm einer gewissen Menge entscheiden; diese Menge hätte Allem geklatscht, was in den Kram passte. Ich habe mich aber auch überzeugt, dass Gelehrte, welche darüber schrieben und sich für die organische Natur mit einer Entschiedenheit aussprachen, welche nichts zu wünschen übrig liess, nicht einmal ein Präparat gesehen hatten, viel weniger eines besassen. Solche Erfahrungen machen in dem Glauben an schreibselige „Autoritäten“ vorsichtig.

Ich komme zu einem weiteren Punkt formeller Natur in der Beweisführung hinsichtlich des Eozoon.

Es ist offenbar nicht genügend, wenn irgend eine zoologische, und wäre es auch die grösste Autorität, den Beweis führte, dass in einem Gesteine vorkommende Formen von Theilen dieses Gesteins einem Thiere ähnlich seien, gleich konnte ja Niemand behaupten. Völlig nichtssagend ist die Behauptung, sobald der Mineraloge nachweist, dass dieselben Formen in einer andern Anordnung vorkommen, wo anerkannter Massen von einem organischen Wesen keine Rede sein kann.

Dies war mein Beweissatz und ich glaube diesen Beweis auch geführt zu haben, mit dem Folgenden jedenfalls ihn bis zur vollen Evidenz zu führen.

Nun sagt aber Dr. Carpenter in seiner Entgegnung: „die mineralogischen Details liegen ganz ausserhalb des Beweises seiner Untersuchungen, die nur auf die organische Structur Bezug haben.“ Das heisst mit andern Worten: Was die Mineralogen für die unorganische Natur des Eozoon bewiesen haben, das existirt für mich nicht: ich kenne blos Organismen und finde ich, dass ein organisches Wesen da ist, so giebt es überhaupt keinen Gegenbeweis. Die Mineralogen werden einfach für nicht stimmberechtigt erklärt.

Diese Schlussfolgerung möchte richtig sein, wenn es sich etwa darum handelte, ein schon vorhandenes Wesen als fossil nachzuweisen, oder darum, bestimmt festgestellte Merkmale eines Wesens an einem andern wiederzufinden, sowohl im Einzelnen als in ihrer Zusammenstellung. Allein die Sache liegt anders. Es handelt sich in der Frage des Eozoon um ein neues Wesen, es handelt sich um Formen, von denen es eben von Anfang an zweifelhaft ist, ob sie nicht an einem andern Ort rein unorganischen Ursprungs sich wieder finden, wobei natürlich. wenn sie sich so finden, alle Beweiskraft des Schlusses wegfällt.

Bei der Beweisführung sind die allgemeinen Regeln der Logik anzuwenden. Nun hat aber jede Wissenschaft noch eine besondere Logik, d. h. festgestellte Thatsachen, aus denen die sichersten Schlüsse abgeleitet werden können. Ich führe eine solche hieher bezügliche Thatsache an.

Es steht fest, dass Serpentin nie ein ursprüngliches Mineral, sondern stets ein Zersetzungs-Erzeugniss aus Olivin, Augit, Hornblende etc. ist; es steht ferner fest, dass der Serpentin in ein anderes Mineral wie Augit, Hornblende, Olivin auf nassem Wege nie und blos bei Schmelzhitze in Olivin sich zurückverwandelt*; es steht endlich fest, dass die vorliegenden Eozoon-Kalke reine Wassergebilde sind. Ist dies Alles gewiss, so ist die geringste Partikel eines Olivin- oder Augitcrystalls in einer sogenannten Kammer zum vollen Beweis hinreichend, dass der Serpentin derselben eben von diesem Mineral herrühre.

*) Quenstedt, Mineralogie. 3. Aufl. S. 299.

Eine weitere solche Thatsache ist folgende: Liegt Serpentin von 2-3 mm. Durchmesser in einer Kalkhöhle, in welche ein Crystall nicht eindringen kann, und enthält Serpentin noch unzersetzte (Crystall-) Mineraltheile, welche nicht eindringen und sich dort nicht bilden konnten, so ist kraft mineralogischer Logik der unumstössliche Beweis geführt, dass die ganze Ausfüllung der Kalkhöhlung von nichts anderem herrührt, als von dem ursprünglichen jetzt in Serpentin verwandelten Mineral. Ist der Serpentin aber blos an die Stelle des Minerals getreten, so kann an dieser Stelle von Anfang an keine Höhlung gewesen sein*.

*) Dr. Zirkel, Mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien, S. 311 sagt darüber: „Durch die Anwesenheit auch nur geringer Mengen von Olivin und durch das Auftreten seiner Begleiter ist der Nachweis, dass eine Serpentinmasse aus Olivinfels hervorgegangen, mit Sicherheit zu führen.“

Nicht minder strict beweisend ist die dritte Thatsache, dass in der Zwischenmasse (intermediate skeleton) noch unzersetzte Augit-Crystalle und Glimmerblättchen sich finden; wie sollten diese in den „Knochen“ kommen?

Und nicht minder beweisend ist die vierte Thatsache, dass umgekehrt Kalkstücke in der Füllmasse sind.

Eine fünfte solche Thatsache der mineralogischen Logik, welche bis jetzt von allen Forschern übersehen worden ist, ist folgende:

Dr. Carpenter behauptet, und es ist dies der Stützpunkt seiner Ansicht, der Serpentin sei mittelst Infiltration in die Kammern der Foraminifere gedrungen; auf diese Weise allein konnte ja die Anwesenheit dieser „Schlange“ an solch verdächtigem Ort von Anfang an erklärt werden.

Ist der Serpentin der Kammern eine Infiltrationsmasse, so muss er nothwendig völlig amorph gewesen und muss es noch sein. Alle die Serpentinarten, welche nach ihrer äusseren Gestalt in dieses Stadium der Wandlung gelangt sind, sind amorph. Ich nenne hier besonders den Pikrolith. Es ist der flüssige Zustand, der letzte Grad der Zersetzung des ursprünglichen Gesteins. Das Gestein in diesem Zustand polarisirt nicht mehr. Aller Serpentin in den Eozoon-Kammern aber zeigt die Bänder und Netze, die Adern. Dies ist aber, wenn man die Sprünge als das erste Stadium der Serpentinbildung annehmen will, das zweite Stadium der Zersetzung des Olivins, und nun erst beginnt das dritte mit der Auflösung der zuletzt übrig gebliebenen Körner und damit aller Einzeltheile. (Zirkel l. c. S. 216, Rosenbusch, mikroscopische Physiographie, I. Bd. S. 371, 372.) Letzterer Zustand findet sich auch im Eozoongestein; aber nie in den Kammern, sondern blos in den Bändern und in Höhlungen von regelloser Form, dort das Gestein ausfüllend; dort sind insbesondere die Maschen gänzlich verschwunden.

Im canadischen Gestein der Kammern sehen wir den Serpentin durchaus noch im zweiten Stadium des Zersetzungszustands. Hiermit ist der Nachweiss, dass das Muttergestein gerade an der Stelle des Serpentins gelegen habe, wieder bis zur Evidenz geführt, denn halbzersetzter Olivin kann nicht durch mikroscopisch kleine Poren in Foraminiferen-Kammern dringen. Der Glauconit ist kein Beweis, denn dieser ist unzweifelhaft ein Niederschlag aus wässriger Lösung. Eine solche aber kann jede, auch die kleinste Röhre durchdringen.

Dies Alles sind mineralogische Thatsachen, welche in der mineralogischen Logik einen unumstösslichen Beweis liefern; hier also Gewissheit, bei den Gegnern blose Wahrscheinlichkeit aus der Form, und man weiss, wie diese trügt.

Man braucht keiner der hervorragenden Mineralogen zu sein, auf deren Zeugniss Dr. Carpenter sich beruft, um das ganze Gewicht solchen Beweises zu verstehen; er ist für den Laien schon völlig verständlich, sobald nur die zwei Thatsachen gegeben sind: 1) der Serpentin ist immer ein Zersetzungs-Product und zwar ein Wasser-Zersetzungsproduct; 2) es liegt ein Krystallstück in einem Raum, in welchen es, so wie es ist, von aussen nicht eindringen kann; das Mineral selbst ist kein Wasserprodukt.

Nun glaube ich aber, wer überhaupt einmal mit Gesteinen sich beschäftigt, übernimmt damit eben auch die Verpflichtung, mit den mineralogischen Thatsachen wenigstens einigermassen sich bekannt zu machen. Man muthet dem Mineralogen zu, dies bezüglich der Foraminiferen, der zoologischen Thatsachen zu thun, also ist das Umgekehrte nicht mehr als billig. Ich gebe daher den Vorwurf, als habe ich mich mit den Foraminiferen nicht beschäftigt, zunächst auf dem andern Gebiete zurück, werde ihm aber auch auf dem Gebiete der Foraminiferen selbst antworten.

Von Anfang an nicht so günstig als für den Mineralogen liegt die Sache des Eozoon freilich für den Zoologen, vorausgesetzt natürlich, dass nicht die Autorität der Hauptbeweis sein soll.

Ich stehe aber nicht an, auch eine zoologische Logik anzuerkennen.

Gerade aber die allgemeine sowohl als die zoologische Logik fordern, dass eine Erscheinung nicht als zoologische Thatsache angenommen werde, wenn dieselbe Erscheinung im Gebiete der unorganischen sich findet.

Nun muss der Zoologe unbedingt einräumen, dass diejenigen Merkmale, welche er als Beweise für die organische Natur des Eozoon anführt, in keinem andern bekannten, organischen Wesen zusammen sich finden. Er gesteht also zu, es sei blos eine Aehnlichkeit im Ganzen da. So bleibt seine Beweisführung auf die Aehnlichkeit der einzelnen Theile beschränkt. Ist im Ganzen blos eine Aehnlichkeit, so muss, soll irgend von einem Ergebniss die Rede sein, völlige Gleichheit der einzelnen Theile mit Theileu anerkannt organischer Wesen dargethan werden.

So nachsichtig man also auch in dem ersten Theil der Beweisführung, in der Beurtheilung im Ganzen sein kann: so streng muss man in dem zweiten Theil, nämlich in dem Nachweis der vollen Uebereinstimmung der einzelnen Theile mit Theilen anerkannter Organismen sein; hier darf man sich mit blosser Aehnlichkeit nicht mehr begnügen oder die ganze Sache ist nur Hypothese auf Hypothese, an welchen freilich unsere Zeit reicher ist, als im Interesse der Wissenschaft zu wünschen wäre.

Wie fatal es schon im ersten Theil des Beweises aussieht, das bezeugt die Thatsache, dass man stets von einer Analogie zur andern springt, immer wird ein Neues gesucht und gesagt: mit diesem stimmt Eozoon, dann mit dem andern, und endlich sagt ein „guter Kenner der Foraminiferen“, es sei doch mehr Coralle als Foraminifere.

Nun, wäre auch wirklich eine grosse Aehnlichkeit des Ganzen mit andern Organismen, ist auch Aehnlichkeit im Einzelnen nachgewiesen, so ist bei den Einzelmerkmalen immer vorher zu fragen: Existirt nicht dieselbe Erscheinung im unorganischen Reich? Trifft dies zu, so schwindet auch hier alle Beweiskraft, und wenn zuletzt nur ein einziges wesentliches Merkmal einer Foraminifere auf solche Weise wegfiele, so fällt damit wenigstens der ganze wissenschaftliche Beweis zusammen.

Diese allgemeinen Sätze und Thatsachen sind geltend gemacht, sind aber von der Kritik theils übergangen, theils durch völlig nichtssagende Entgegnungen zu beseitigen versucht worden. Hier zeigt Dr. Carpenter, dass er eben ganz und gar nichts von Mineralogie versteht; denn wenn er der ersten oben angeführten Thatsache, nämlich dem Vorhandensein von Olivin-Partikeln in den Kammern des Eozoon, die Kalkspathkrystalle in den Ammoniten entgegen hält, so weiss man wirklich nicht, was man denken soll. Jeder Anfänger in der Mineralogie weiss, dass jeder Kalkspath aus einer wässerigen Lösung, niemals aber ein Olivin oder Augit aus Serpentinmasse auf wässerigem Wege krystallinisch sich niederschlagen kann. Solche Dinge sind also selbst einem blossen Zoologen nicht zu verzeihen, sobald er nämlich in das Gebiet der Palaeontologie sich begibt.

Die Entgegnungen Carpenters lassen sich nur mit grasser Unkenntniss eben des Gebiets, auf dem er arbeitet, erklären, ob entschuldigen, ist eine andere Frage.

Ehe ich auf den zoologischen Gegenbeweis eingehe, soll der mineralogische Beweis noch ergänzt werden.

Hier kann man sich auf längst erwiesene mineralogische Thatsachen berufen, es lassen sich aber auch noch neue beifügen.

1. Wie schon früher angeführt wurde, muss zunächst der Serpentinkalk in allen seinen Vorkommnissen erforscht werden. Da früher kein besonderes Interesse dahin zog, so wurden genaue Untersuchungen unterlassen und daraus erklärt sich auch, dass „bedeutende Mineralogen“ zugaben, dass das canadische Vorkommen des Serpentinkalks nirgends sich wiederfinde, was übrigens durchaus unrichtig ist, denn es glauben ja Dr. Gümbel und Dr. v. Hochstetter wirkliches Eozoon-Gestein entdeckt zu haben und zwar ersterer bei Passau, letzterer in Böhmen. Dieser Kalk soll auch Foraminiferen-Structur haben, er wäre also dem canadischen sehr ähnlich. Weil es eine Bestätigung der Ansicht war, so acceptirte man diese Widersprüche natürlich sofort als Beweise. Es ist jedoch sicher, dass eben diese Funde doch mit den canadischen nicht völlig übereinstimmen, ja dass ihnen gerade das fehlt, was allein als Merkmal einer Foraminifere im canadischen Gestein angesehen werden könnte. Ich habe die Gesteine von Bayern und Böhmen auch geprüft und nichts an ihnen gefunden, als eben Serpentin und Kalk vergesellschaftet, einige Chrysotil-Fasern und die Structur des Kalkes, wie er in aller Welt vorkommt. Aber andere Serpentinkalke habe ich gefunden, welche eben die charakteristische Form des canadischen Gesteins zeigen, nur mit einer solchen Anordnung der für sich völlig gleichen Theile, dass von einem organischen Wesen keine Rede mehr sein kann.

Zunächst desshalb einige allgemeine Bemerkungen bezüglich des Serpentinkalks.

Serpentin und Kalk finden sich überall zusammen vor. Wo nur Serpentin vorkommt, finden sich zum mindesten Kalkwände, daher auch Serpentinkammern. Das ist eine mineralogische Thatsache; ich führe als Beispiel den prachtvollen von Elba an.

Aber es finden sich beide Mineralien, Kalk und Serpentin, ganz gewöhnlich schichtenförmig und zwar Serpentin und Kalk regelmässig wechsellagernd. Ein solcher Serpentin, und zwar ein mit dem canadischen in Structur und Zusammensetzung gleicher, ist der von Lissiz, wovon eine ganze Reihe von Handstücken mir vorliegen. Dieser unterscheidet sich auch mikroskopisch kaum von dem canadischen.

Diese allgemeine Aehnlichkeit zwischen den Serpentinkalken tritt überall auf. Wir haben also zunächst einmal beide Mineralien ganz regelmässig vergesellschaftet und zwar sowohl geschichtet in Wechsellagern als in der „Acervulinen-Form“. Diese Vergesellschaftung spricht dafür, dass Serpentin und Kalcit einen gemeinschaftlichen Stammvater haben, nämlich ein kalk- und magnesiahaltiges Mineral. Augit z. B. enthält nach der Analyse (bei Blum S. 370) bis 20 Theile Kalk-, bis 18 Theile Talkerde. Zersetzt sich das Gestein, so erklärt es sich sehr leicht, dass wir Dolomit, Kalk und Serpentin zusammen finden.

Hier ist also kein organisches Wunder, im Gegentheil würde es schon mit den Untersuchungen von Prof. King und Rowney ganz gut stimmen, welche in dem Serpentinkalk das ursprüngliche noch unzersetzte Mineral, das sie für Augit ansahen, gefunden haben, wie dies ja auch bei allen Serpentinkalken aus Olivin von mir nachgewiesen wird.

Aber auch der Olivin enthält Kalk, wie das Zersetzungsproduct desselben, der Ophit von Snarum, ergibt.

2. Es kann schon desshalb eine Kalkwand für sich keineswegs aus dem Vorhandensein einer Thierschale erklärt werden, sie müsste jedenfalls nach Formen zeigen. Bei der Zersetzung des Augits und Olivins zu Serpentin bilden sich zuerst fast parallele Adern, dann Queradern, also Maschen; in die einen dieser Maschen setzt sich der Kalk ab, in die anderen die durchsichtige Serpentinmasse mit Bändern, welche feine Faserstructur zeigen. Häufig findet sich das unzersetzte Mineral als Kern in Form der Maschen, in anderen Theilen des Kalks finden sich noch die ganzen (unzersetzten) Crystalle. Dass ein Theil der Ausfüllungsmasse wirklich kohlensaurer Kalk ist, sieht man sofort daraus, dass sie mit Salzsäure Kohlensäure entwickelt. Man sieht also hier die Scheidung des ursprünglichen Minerals in zwei Bestandtheile. Es bedarf nun nur des Hinzutritts von Wasser, das Mineral zersetzt sich in seine Bestandtheile und das eine wie das andere lagert sich nach den bekannten Gesetzen ab. Ist die ganze Masse noch (wie man bei der Serpentinbildung annehmen muss) flüssig, so wird die Lösung in durchgehenden Lagern und Schichten sich absetzen, die halbzersetzten Crystalle in gallertartigen Klumpen werden sich auf den Kalk auflagern und dort je nach den äusseren Bedingungen in ihrer Zersetzung fortfahren. Die Zersetzung hat eine Ausdehnung des Volumens zur Folge und dadurch werden immer runde Formen und später Sprünge entstehen, wie wir sie bei canadischen Gesteinen sehen. Es ist aber leicht möglich, dass sich einzelne Crystalle und Körner nicht weiter zersetzen (weil der Wasserzutritt durch die Erhärtung des Kalks gehindert ist), dann enthält dieser noch unzersetzte Theile, ja ganze Körner, während ein anderer Theil des Gesteins bis zur völligen Auflösung fortschreiten kann und dann regelmässige ebene Lagen bildet. So erklärt sich das canadische Gestein ganz natürlich.

3. Das ursprüngliche Canada-Gestein enthält ein Magnesia-Silicat, eingebettet in Kalk, so wie wir sie heute noch finden, ähnlich also wie Spinell, Chondrodit, Coccolit im Kalk vorkommen. Es bleiben nun zwei Möglichkeiten, die eine, dass zuvor die mit Kalk vergesellschaften Minerale in ihrer jetzigen Form in die Kalkschichten auf irgend eine Weise gekommen, der andere, dass sie nachher dort zersetzt worden sind. Bei letzterer Annahme allein erklärt sich aber die Abwesenheit von reinen Serpentinmassen an anderen Stellen der Kalkschichten; für letztere Annahme spricht auch der Zustand des Serpentins im zweiten Stadium der Zersetzung. Die eigenthümliche Form erhalten die Stücke und dann auch der Serpentin selbst durch den Druck des sie umgebenden und überlagernden Gesteins im Zustand der Erweichung. Legt man Massen von annährend gleicher Dichtheit auf einander und drückt und knetet sie, so dehnen sich die weichen Stücke gleichmässig aus. Ist die einschliessende Masse noch weich, wie das bei den Eozoon-Stücken unzweifelhaft der Fall sein musste und tritt ein Druck Seitens der umgebenden Masse hinzu, worauf die ganze Lagerung hinweist: so müssen die Stücke Fluidalstructur annehmen, wie wir dies auch bei einem Theil des canadischen Gesteins sehen.

Wo irgend unzersetztes Gestein ist, hat es seine Form, Sprünge, Brüche beibehalten, der beste Beweis, dass unsere Deutung die richtige ist. Es finden sich aber auch eckige Kalkstücke in der Serpentinmasse, also in den sogenannten Kammern wieder, ein Beweis, dass der Serpentin nicht infiltrirt ist, denn solche Stücke könnten nicht durch Tubuli, nicht durch Zwischengänge eindringen.

Nun hat Dr. Carpenter die Hypothese der Kalkbildung überhaupt, sowie insbesondere auch die von der Umwandlung des cararischen Marmors hereingeworfen. Diese Hypothese ist aber eben eine und zwar schon längst aufgegebene. Ich verweise hier einfach auf Quenstedt „Epochen der Natur“ S. 91 ff. Mit solchen Dingen lässt sich also nichts machen, Hypothesen aber kann man nicht mit und besonders nicht mit schon widerlegten Hypothesen stützen. Eben der Serpentin von Snarum zeigt, dass es zu Kalkausscheidungen keiner organischen Wesen braucht.

4. Ehe ich weiter gehe, soll die Lagerung des Serpentinkalks im Kalkstein und dieses Gesteins im Gneis erwähnt sein. Ich habe die Lagerung in Canada nicht selbst gesehen, ich glaube Dr. Carpenter hat es auch nicht; Dawson's Mittheilungen ist nur so viel zu entnehmen, dass Serpentinkalkstücke im Kalk und dieser im Gneis eingebettet liegen, von Serpentinlagern im Gneis oder Kalk ist nichts gesagt.

Dass Gneis, das erste geschichtete Gestein ist, ist sicher. Eine Schichtung, wie wir sie finden, kann nicht ohne Wasser gedacht werden. Da nämlich die Bestandtheile des (ungeschichteten) Granits völlig gleich sind mit denen des aufgelagerten Gneises, so muss als höchst wahrscheinlich angenommen werden, dass letztere, aus denselben Baustoffen gewonnen, nur hinsichtlich der Anordnung der Theile eine weitere Aenderung erlitten haben. Die Aenderung erfolgte am natürlichsten durch das Wasser. Ich habe Gneisstücke von Villingen (Baden), deren Spaltungsflächen so eben sind, als die Schichten des Thonoder Lithographenschiefers. Die Bestandtheile stimmen mit dem Syenit, in welchem der Gneis eingelagert ist, völlig überein.

Schon die Profile Dawson's ergeben sofort einen sedimentären Ursprung der Gesteinbildung. Die Folgerungen hieraus mögen nun ebenso für als wider verwendet werden. Nur muss man mit gleichem Maasse messen. Sagt man auch mit voller Wahrscheinlichkeit, das erste organische Wesen muss in einem Sedimentgestein sein, so ist damit das Wo? im Sedimentgestein noch nicht bestimmt.

Dass die organische Schöpfung irgendwo anfangen muss, ist ebenso gewiss, als es ungewiss ist, wo sie anfängt.

Dr. Dawson bildet zu Kap. 3 seines Werkes „Life's Dawn on Earth“ ein herausgewittertes Stück Eozoon-Gestein ab und sagt, dass diese Stücke zerstreut im Kalke liegen. Warum man hierin gerade die Form eines Korallenriffs sieht, weiss ich nicht. Die Form könnte ebenso gut Alles andere sein. So viel ist also gewiss, dass diese Serpentinstücke blos als Knollen im Kalk vorkommen.

Gerade aber diese Lagerung fordert sofort einen sehr gewichtigen Einwurf gegen den organischen Ursprung heraus.

Ein Korallenriff besteht aus Korallen, diese müssen auf einem anderen Gegenstand, in der Regel auf einem Gestein, aufsitzen, sie können nicht schweben. Nun kann aber der Kalk, in welchem die Eozoon-Stücke liegen, kaum anders als flüssig gedacht werden. Es muss also das Gestein, auf welchem die Koralle sitzt, weil viel älter, also auch eine andere Masse gewesen sein, als diejenige, auf welcher später die Koralle sich aufsetzte.

Warum sollen blos die „Kammern“ Serpentin enthalten? Wenn der Vorgang der von Dr. Carpenter behauptete wäre, so müssten, da im Kalk auch sonst Höhlungen sich befinden, diese mit Serpentin ausgefüllt sein, ja, es müsste überhaupt Serpentin im Kalk ausserhalb der Eozoon-Stücke sich finden.

Es wäre nämlich ein durchaus unbegreiflicher Vorgang, dass der Serpentin, als wäre er gerade nur zur Ausfüllung der Eozoon-Kammern bestimmt gewesen, durch die dicken Kalklager dorthin gezogen und dort etwa wie ein Vogel sich eingenistet hätte, um einige Millionen Jahre später den Zoologen das „ganz getreue Modell des Eozoon zu erhalten“.

Diese Thatsache, d. h. das Fehlen des Serpentins an anderen Stellen des Kalks, spricht ganz entschieden für die Entstehung des Serpentins (aus Olivin, Augit) an Ortund Stelle, also aus einem im Kalk eingebetteten Minerale, es stellen sich diese Eozoon-Kalkstücke eben als Brocken eines Gesteins dar, in welchem wahrscheinlich erst nach ihrer Ablagerung im Kalk die Zersetzung und dabei die Kammerbildung vorging. Nur Eine Möglichkeit bleibt übrig: die an einem andern Ort schon fertigen „Eozoon-Schalen mit Serpentin-Infiltration“ wären auf irgend eine Weise in die flüssige Kalkmasse gefallen.

5. Man beruft sich so gern auf das Vorkommen von Glauconit in den Nummuliten. Allein dieser Glauconit ist nicht blos in den Nummuliten, sondern auch im Muttergestein derselben. Hierdurch unterscheiden sich also die Nummuliten gerade wesentlich vom Eozoon-Gestein.

6. Noch eines weiteren nicht minder gewichtigen Einwurfs muss hier Erwähnung gethan werden.

So bequem es der Serpentin der künftigen Forschung gemacht, indem er für Herstellung von ganz genauen Modellen gesorgt hätte, so wenig war er doch eigentlich dazu nothwendig, jedenfalls trug er nichts zur Erhaltung der Kalkschale des Morgenröthe-Thierchens bei.

Wie kommt es nun, muss man sich fragen, dass während in Einem Stücke die zartesten Theile des „Thiers“ im Kalk erhalten sind, nämlich die Astsysteme, diese mit der Kalkschale (dem proper wall, dem eigentlichen Thierknochen) sich nicht sonst im Kalk (ohne Serpentin-Ausfüllung) erhalten haben, für die oberflächliche Beobachtung wohl weniger deutlich, aber natürlich im Dünnschliff sofort erkennbar?

7. Aus dem Bericht W. Dawson's, Quarterly Journal l. c. 228 geht hervor, dass sich die „Kanalsysteme“ im blosen Kalk finden, aber auch nur diese und ohne die „Schale“. Also Astsysteme und keine Schale, folglich Astsysteme wie im Chondrodit- und Spinellkalk!

8. Betrachtet man den Durchschnitt, welchen W. Dawson in seinem „Life's Dawn“ S. 13 giebt, so ist gewiss, dass die Kalklager sehr erhebliche Pressungen erlitten haben. Sie sind wellenförmig gelagert, dies ist ohne starke Massenbewegung fast nicht denkbar. Man muss also die Wirkungen eines Drucks mit aller Nothwendigkeit in Rechnung nehmen, wobei der Druck sich auch auf blose Einschlüsse erstreckte. Im Durchschnitt S. 22 stehen die Schichten sogar auf den Köpfen. Dies genügt vollständig, um alle Erscheinungen zu erklären.

9. Einen eigenthümlichen Eindruck macht es, wenn Dr. Carpenter aus diesen Thatsachen völlig widersprechende Folgerungen und beide zieht, um dasselbe zu beweisen.

Das eine Mal nämlich beruft er sich auf die gewaltigen Veränderungen, welche das Eozoon-Gestein erlitten habe und entschuldigt damit das Fehlen gewisser organischer Bildungen; das andere Mal wird hervorgehoben, wie unendlich feine Structurverhältnisse, welche die organische Natur beweisen, erhalten seien. Ueberall, wo das Eozoon in der „Acervulinenform“ auftritt, fehlen die Schalen, fehlen die Zwischengänge, fehlen die Astsysteme. Nun lässt sich aber dafür kein vernünftiger Grund denken, warum in demselben Handstücke 3 cm entfernt die feinsten Structuren des Eozoon sich erhalten haben sollten, 3 cm davon entfernt aber nicht.

10. Professor King und Rowley schon haben nachgewiesen, dass ganz dieselben Erscheinungen, wie im Eozoon-Gestein, in verschiedenen anderen Gesteinen sich finden, z. B. im Chondroditkalk, im Kalk und Spinell, im Coccolith.

In der That habe ich in diesen Gesteinen und neuerdings auch in einem Serpentinkalk von Euston, worin die Crystalle selbst noch ganz unzweifelhaft erhalten waren, die Kammern, die Schale, die Astsysteme und „zahnsubstanzartige“ Bildung in derselben Weise wie in dem canadischen Gestein beobachtet.

Die Astsysteme selbst sind von Dr. Dawson ohne die übrigen Eozoon-Theile im Kalk (ohne Serpentin) beobachtet worden. Dr. Dawson hat wohl nicht gefühlt, dass hiemit das Todesurtheil des Eozoon gesprochen war. Denn Astsysteme ohne Schale und Kammern! Das Allerfeinste wäre erhalten, das Grobe untergegangen.

Freilich, Dendriten von Lithographenkalk, Kupfer-, Silber-Dendriten möchte ich nicht als Analogien anführen. Letzteres sind Crystallbildungen.

Ich habe aber auch in einem reinen Marmor Astsysteme beobachtet. Diese bilden also auch durchaus keine Besonderheit des canadischen Gesteins.

11. Zur Erklärung des canadischen Gesteins ist nur Eine Annahme nothwendig: dass wie in hundert anderen geschichteten Gesteinen eine (in regelmässigen Zeitzwischenräumen vor sich gegangene) gleichmässige Einlagerung von Olivin- oder Augitkörnern im Kalk sich vollzog. Damit sind die Serpentinlagen erklärt. Die Schale, sowie die Zwischengänge und Astsysteme waren Folge der Zersetzung (Anschwellung und Ausscheidung), dabei war Druck von aussen.

Ich werde nun in Folgendem die einzelnen Theile der „Riesen-Foraminifere“ erörtern und die hierauf bezüglichen Thatsachen zusammenstellen.

1. Die Kammer (Chamber) und ihre Füllung.

Es ist nachgewiesen, dass in diesen Kammern unzersetztes Mineral sich findet, welches auf wässerigem Wege sich nicht bilden kann und nicht gebildet hat, welches aber ebensowenig auf mechanischem Wege in die Kammern gelangen konnte. Der Serpentin ist ein Zersetzungsproduct und kann von den verschiedensten Mineralien kommen. Wo sich unzersetztes Mineral findet, kommt es selbstredend von diesem. Hier muss aber aller Serpentin als aus diesem Mineral entstanden angenommen werden. Oben ist schon erwähnt, wie es doch ein Wunder sondergleichen wäre, wenn der Serpentin durch grosse Kalklager hindurch durch mikroskopisch kleine Canäle einzig in Foraminiferen-Kammern sich abgelagert hätte, sonst aber nicht vorhanden wäre. Also ist die umgekehrte Annahme die richtige: der Serpentin hat sich an Ort und Stelle aus dem Mineral gebildet, dann ist er an die Stelle des Minerals und nicht an die Stelle einer Sarcode in die nun leere Kammer eingedrungen.

Was die Form dieser Kammern betrifft, so erklärt sie sich einfach durch die Einlagerung von Olivin- oder Augitkörnern im Kalk. Von Chondrodit sieht man sie ebenso. Bei der Verwandlung in Serpentin, welche blos durch Hinzutritt von Wasser sich denken lässt, quollen die nebeneinander in Schichten liegenden Crystalle auf und reihten sich so an einander. Hierdurch entstanden:

2. die Zwischengänge (Stolons).

Diese sind von äusserst unregelmässiger Form. Wohl zu unterscheiden sind die Zwischengänge, welche nicht von Serpentin, sondern von einem anderen Mineral ausgefüllt sind. Wäre nämlich der Serpentin blose Füllmasse der Zwischenräume, so müsste er alle Hohlräume gleichmässig ausgefüllt haben. Diese sind aber eben nicht von Serpentin, sondern von einer anderen Masse ausgefüllt. Wir werden hierauf bei den Astsystemen kommen. Diese Zwischengänge sind völlig unregelmässig.

Folglich ist das, was in den Zwischengängen abgelagert ist, ein Ausscheidungsproduct bei der Zersetzung des Olivins oder Augits und in der That unterscheidet sich diese Füllmasse ganz deutlich von der der Kammer. Sie ist also ein Ausscheidungsprodukt und suchte sich einen Ausweg, nachdem der Raum für sie nicht mehr hinreichte.

Aber es finden sich in jedem Handstücke eine grosse Zahl von Kammern, welche durchaus keine Zwischengänge haben und gerade diese zeigen noch crystallinische Structur mit Polarisationserscheinung von doppeltbrechenden Mineralien. Je weniger die Zersetzung vorgeschritten, um so mehr haben die Umrisse noch gerade Linien und nicht runde, wie die Kammern. Beide Erscheinungen zusammen beweisen, dass die Zwischengänge nur bei der Zersetzung des Serpentin-Gesteins entstanden sind. Ich zeige dies an einer Abbildung, Taf. II, Fig. 2, eines Dünnschliffs von einem Serpentinkalk, in welchem sowohl Olivinkörner als Serpentinkammern, und in welchen Aragonit, Flocculit und die Astsysteme vorkommen, wie im canadischen.

Wo aber die Täuschung Dr. Carpenter's am bedeutendsten hervortritt, das ist

3. in der Schale (original cell-wall, proper wall).

Dr. Carpenter nimmt es als ausgemacht an, dass die Kammern von einer Schale umgeben seien. Ich habe eine grosse Anzahl Schliffe durchgesehen und habe um den grössten Theil der „Kammern“ keine Spur einer Schale gefunden, obgleich die Erhaltung unter den ganz gleichen Bedingungen stand, wie die, wo man etwas der Art bemerken konnte.

Allerdings ist überall fast das Bild einer Schale da, dies ist aber, wie ich schon früher zeigte, eine unverzeihliche optische Täuschung. Die „Kammern“ sind rund. Wird eine Platte daraus geschliffen, so erscheint die Seiten-Oberfläche des Serpentins (zwischen beiden Schnittflächen) als Schale. Die Sache klärt sich sofort, wenn man beobachtet, wie die „Schale“ dicker und dünner wird je nach der Rundung und der Schnittfläche. So stellen z. B. die schraffirten Linien 2, der Tafel 14 im Quarterly Journal of the Geological Society nichts dar als die Berührungsfläche des Serpentins mit dem Kalk. Sie sind das Bild der runden Serpentin-Oberfläche (der Seiten) auf der Ebene des Glases projicirt.

In denselben Irrthum verfiel Dr. Dawson. Nun ist allerdings an manchen Stellen noch eine Parallellinie zu bemerken, welche eine Schale andeuten könnte und sind Nadeln in diesem Theile.

Die ganze Masse der „Schale“ polarisirt nicht, ist also Kalk. Sie unterscheidet sich von der sonstigen Masse nur durch Chrysotil-Nadeln. Diese polarisiren, liegen unmittelbar am Serpentin an und stehen in unregelmässigen Abständen von einander. Nur selten steht eine ganze Ader von Chrysotil unmittelbar am Serpentin an.

Was hier sofort jedem Foraminiferenkenner in die Augen springen muss, ist die Thatsache, dass diese Nadeln nicht senkrecht auf der Kammer stehen.

Es giebt nämlich keine Foraminifere, keinen Nummuliten, überhaupt keine Muschelschale, in welcher die Tubuli der Schale nicht in der Richtung des Radius, sei es des Kreises oder der Elipse und zwar fast mathematisch genau lägen. Diese Thatsache ist der allersicherste zoologische Gegenbeweis gegen eine organische Schale. Die Nadeln liegen sogar horizontal an der Wand an, was nie in einer organischen Schale vorkommt. Dr. Carpenter braucht nur seine Abbildung von Nummulites lavigata, Fig. 258 seines Werkes „The Mikroscop etc.“ genau anzusehen, um sofort von dem Nichtvorhandensein einer Analogie zwischen Schale einer Foraminifere und der „Schale des Eozoons“ sich zu überzeugen.

Ich habe hunderte von Nummuliten und Foraminiferenschliffen (gemacht und) gesehen und überall dieses Gesetz bestätigt gefunden.

Allein die Tubuli sind und waren nie Röhren, sondern sind Crystallnadeln.

Freilich wenn die Zeichnungen Dr. Dawson's auf S. 106 „Life's Dawn on Earth“ richtig wären, müssten es Röhren sein: diese Zeichnungen sind aber geradezu falsch. Ich habe diese Nadeln mit dem Immersions-Objectivsystem 10 von Hartnack (Ocular 3), untersucht.

Die Tubuli der Nummuliten, auch der nur mikroskopisch sichtbaren Nummuliten, enthielten immer die Füllmasse der Kammern: wo diese Glauconit ist, ebenfalls Glauconit. Die Füllmasse der „Tubuli“ im Eozoon-Gestein ist, wie die Beobachtung bei polarisirtem Licht ergiebt, eine andere als die der Kammern, es ist crystallisirtes Mineral, denn es polarisirt, und zwar Chrysotil.

Wenn Dr. Dawson Röhren abbildet (Life's Dawn on Earth S. 106), so sind die Abbildungen auch in diesem Theil falsch. Diese finden sich nirgends in der „Schale.“ Die Abbildung des daneben stehenden Chrysotils kann nicht mit der, „Schale“ verglichen werden, weil hier blos eingesprengte Nadeln sind, dort reiner dichter Chrysotil ist, welcher natürlich ein ganz anderes Bild giebt, als einige Chrysotil-Nadeln.

Die Zeichnung S. 106 giebt, was die Dicke der Nadeln betrifft, ein sehr schlagendes Beispiel, wie wenig zuverlässig die Zeichnungen sind. Ich habe die „Schale“ des Eozoon mit 1100 facher Vergrösserung beobachtet, aber nie auch nur annähernd das Bild, wie Dawson Fig. 27 l. c. es darstellt, erhalten, nur Fig. 49 c ist richtig. Die „Tubuli“ meiner Präparate sind alle mcht messbar: es sind bei der höchsten Vergrösserung stets Linien. Das ist eben die Folge ihrer Eigenschaft als Crystallaggregate, welche sich bekanntlich ins Unendliche theilen lassen Die Tubuli von Amphistegina messen 0,0075 mm, von Rotalia und Calcarina 0,0075 mm, von Tinoporus baculatus 0,0018 mm. Diese Tubuli stehen ferner alle in regelmässigen Entfernungen von einander ab und geben wirklich das Bild von runden Hohlräumen. Ebenso die Tubuli der Nummuliten. Hier ist aber noch etwas, was sich bei dem Eozoon nicht findet, eine Horizontalstreifung, von den Schalenschichten herrührend, wie sie Dr. Carpenter richtig abbildet.

Nimmt man dazu, dass der Chrysotil ganz regelmässig sich an den Rändern des Serpentins oder Pikroliths ablagert, dass in allen Eozoon-Stücken ganze Chrysotiladern sind, was durch den Polarisationsapparat leicht festzustellen ist, so ist es sicher, dass man es hier nicht mit den Röhren von Nummulitenschalen, sondern mit Nadeln im Kalk an der Grenze des Serpentins zu thun hat.

Es liegen mir Dutzende von Serpentinen vor, wo überall eine solche Chrysotilschichte den Serpentin umlagert. Ich habe ein solches, worin ein Kalkstück eingebettet ist, und richtig ist der Kalk mit einer ganz vollkommen gleich dicken Schichte von Chrysotil umgeben, welcher in concentrischen Nadeln liegt und doch ist es sicher keine Nummulitenschale.

Die angebliche Schale der Riesen-Foraminifere (die Seite horizontal projicirt) ist also nichts als in der Hauptsache eine optische Täuschung; wo etwas einer Schale Aehnliches zu finden ist, ist dasselbe in jedem Serpentinkalk. Ich erinnere hier nur an die Beobachtungen, welche Rosenbusch (l .c. S. 163) mittheilt

„Wie v. Draschke um den Almandin der Eklogit regelmässig eine Zone von strahliger Hornblende fand, so bemerkt man an den Pyropen im Serpentin von Löblitz unter dem Mikroskop fast ausnahmslos eine deutliche Zone von Chrysotil, dessen Fasern (sogar) senkrecht auf den Umrissen des Pyrops stehen (Fig. 66).“

Diesen Kranz von Chrysotilnadeln habe ich in allen Serpentin-Kalken gefunden.

4. Die Canäle in der Zwischenmasse (Astsysteme) hätten offenbar nur den einen Zweck, die Verbindung der Sarcode der Kammer mit der Aussenwelt herzustellen. In den von Dr. Carpenter als analog angeführten Foraminiferen finden sich grössere Gänge, welche alle Schalen durchsetzen, und kleinere, welche offenbar die Verbindung von einer Schale zur nächsten Kammer herstellen. Alle aber sind symmetrisch geordnet, die feinen Canäle ihrer Bestimmung zufolge gleichmässig vertheilt.

Die Canäle des Eozoon aber lassen sich mit jenen gar nicht vergleichen. Einmal fehlen sie überhaupt in dem grössten Theile eines jeden Stücks. Sodann treten sie mit grösster Unregelmässigkeit auf, das eine Mal rund, das andere Mal eckig, was nie in einer organischen Schale vorkommt; wie Dawson sie abbildet, wird sie nie ein Mikroskopiker gesehen haben. Ferner kommen sie vor in allen Durchmessern, gross und fein nebeneinander; der „Flocculit“, welcher sie ausfüllt, kommt daneben in völlig unregelmässigen Formen vor.

Noch stärkerer Zweifel erhebt sich, wenn man sieht, dass diese Canäle in ganz ungleicher Richtung verlaufen und der schlimmste endlich ist der von mir schon früher hervorgehobene, dass sie nur in gewissen Kalkpartikeln vorkommen, offenbar also durch das Gestein bedingt waren.

Finden sich aber solche Canäle in anderen Gesteinen, wie im Chondrodit- und in Serpentin-Kalken, welche nicht als Eozoon-haltig behauptet werden können, so stehen sie in keinem Zusammenhang mit den übrigen „Foraminiferentheilen“ und fällt ihr Beweiswerth für das Dasein einer Foraminifere zusammen. Mögen sie für sich allein der Rest irgend eines Thieres sein, das wäre möglich. Mit der Kammer und Schale haben sie nichts zu schaffen.

In seinem Musterstück Pl. XVII zeichnet sie Dr. Carpenter, als liefen sie alle, eine wie die andere, von der untern Schale der Kammer nach der obern. Wenn ich gesagt habe, die Zeichnungen seien unzuverlässig, so wird das nächste beste Präparat von Eozoon-Gestein dies bestätigen. Denn die Astsysteme gehen nach allen Richtungen in Kalk, folglich besteht auch hier keine Uebereinstimmung mit Organismen.

Und nun also Kammer, Schale, Zwischengänge, Astsysteme, alles, einzeln und zusammen, in anderen Gesteinen vorkommend, folglich keine Foraminiferentheile — und die ganze Foraminifere, wenn sie aus dem canadischen Gestein mit Mühe construirt werden könnte, doch in den wesentlichsten Theilen von allen bekannten verschieden! Für die allerwesentlichste Verschiedenheit halte ich die horizontale Stellung der angeblichen Tubuli zu den Kammern. Das erlaubt sich die Natur in der Muschelschale nicht, denn die radiale Strahlung der Sarcode-Organe ist ein durchgehendes Gesetz im Foraminiferen-Typus: es ist nämlich diese Richtung der geradeste Weg des Thieres zu seinem Lebenselement.

Das ist eine Thatsache der Logik der Natur, welche der Zoologe am wenigsten übersehen sollte. Wir haben hienach im canadischen Gestein nichts als einen Serpentinkalk, ein Gestein, das hundertmal vorkommt, in einem Zersetzungszustand, wie er ebenfalls überall vorkommt.

Alle Erscheinungen desselben sind mineralogisch vollständig erklärt.

Haben also Dr. Carpenter und Dr. Gümbel den Todten auch ausgegraben, lebendig machen konnten sie ihn damit nicht. Möge er nun, zum zweiten Mal begraben, die Ruhe finden, welche er verdient.

Erklärung zu Tafel II.

Serpentinkalk von Euston, Pensylvanien. Handstück der Tübinger Universität, noch deutliche Olivincrystalle halb in Serpentin verwandelt; Kerne des ursprünglichen Minerals erhalten: die Olivine liegen lagerweise. Von einem Lager zum andern ziehen sich durch den Kalk gerade verlaufende durchsichtige Linien, welche u. d. M. sich als Canäle mit einer durchsichtigen Masse erfüllt ergeben und von dem grauen Kalke deutlich abstechen. Der Kalk enthält bei 100 facher Vergrösserung eine Menge schwarzbrauner Körner, völlig wie der canadische.

Was nun insbesondere den Serpentin betrifft, so ist er im Kalk zerstreut, die Körner zeigen noch Crystallform, viele Kerne sind noch unzersetzter Olivin. Wo die Zersetzung vorgeschritten ist, schmelzen die Kerne zusammen. U. d. M. hat der Serpentin vollständig das Bild von Kammern wie im canadischen Gestein, nur sind die Serpentinkörner nicht so häufig aneinander gelagert.

Dagegen zeigt

Fig. 1 überaus klar eine Chrysotilschale um den Serpentin, die in den Kalk eindringt. Die Umrisse des Serpentins sind aber statt rund, wie im canadischen Gestein, hier oblong. Die Ecken fehlen.

Dieselben unregelmässigen Umrisse zeigen Fig. 3 und 4.

Fig. 2 zeigt 3 „Stolons“ aus einer halbzersetzten Olivinmasse. Die dunklere Farbe der Kerne bezeichnet den noch unzersetzten Olivin. Von demselben aus gehen diese Ströme einer durchsichtigen Masse, also offenbar wie bei der Zersetzung abgesondert und nach dem Gesetz der Schwere einen Ausweg vielleicht suchend. Wo sie seitwärts gingen, erklärt sich dies einfach durch einen leichten Druck auf die weiche Masse oder durch das Aufquellen der Masse in der Zersetzung. Dasselbe Gestein zeigt alle Formen der Astsysteme wie das canadische, insbesondere schön die sog. Zahnsubstanz.

Man hat also alle hier Eozonal-Bestandtheile des canadischen Gesteins beisammen, aber in einer Zusammenstellung, dass Niemand auf ein organisches Wesen mehr rathen wird.

Ist aber dies Alles in Form und auf sicher unorganischem Wege möglich, so ist auch das canadische Gestein so entstanden, und es bedürfte ganz anderer Beweise, um doch noch eine Verschiedenheit im Ursprung nachzuweisen. Dieses einzige Handstück nebst den beiden Dünnschliffen sind der augenscheinliche Gegenbeweis; ich werde letztere in der Tübinger Universitätssammlung niederlegen. Sicher wäre der Strom der Eozoon-Litteratur nicht so hoch angeschwollen, wenn man solche Beweisstücke früher gehabt hätte. Diese ans Licht gezogen zu haben, ist das einzige Verdienst, welches ich mir zuschreibe; denn einer Erklärung bedarf es kaum, wo ein einziger Blick schon ein voller Beweis ist.

Zur Erläuterung der Abbildungen füge ich noch bei:

Zu Fig. 1. Die gekörnte Fläche ist Kalk. Die weisse mit breiten Streifen Serpentin, die Bänder im Kalk Chrysotil.

Zu Fig. 2 gilt dasselbe. Die 3 Gänge gehen von der Serpentinkammer durch den Kalk. Die dunklen Stellen im Serpentin sind Olivinkerne.

Fig. 3 und 4 zeigen die Chrysotilbänder von andern Theilen des Dünnschliffs.